Der Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG hat erneut den ökumenischen PREDIGTPREIS ausgelobt.

Bis zum 15. Juli 2013 können Predigten von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Kirchen, Freikirchen und Landeskirchlichen Gemeinschaften eingesandt werden, die innerhalb der letzten zwei Jahre gehalten wurden.

 

Meine Meinung:
Wenn man sich die Jury ansieht und dazu die Bedingung, dass nur Predigten als geschriebener Text(!!!) eingereicht werden dürfen, dann ist klar, dass man da besser nicht mitmacht.

 

Wer sich an die letzte Predigt erinnert, die ihn wirklich angerührt und bewegt hat, wird bestätigen, dass die gleiche Predigt, nur gelesen, nicht annähernd diese Wirkung gehabt hätte.

Eine Predigt ohne die Person des Predigers, seine Redeweise, seine Gestik, seine Mimik, sein Blickkontakt, seine Präsenz?

Undenkbar.

Ich kenne eine Frau aus meiner Heimatgemeinde.

Sie ist Mutter und Hausfrau.

Sie hat keine kirchliche Ausbildung.

Sie macht keine komplizierten Sätze, noch viel weniger vermittelt sie hohe Theologie, aber jedes Ihrer Worte geht zum Herzen der Zuhörer.

Gott spricht durch sie.

Das ist Predigen!

 

Und wer erinnert sich nicht an die unzähligen Sonntags-Gottesdienste mit Predigten, die theologischen Vorlesungen glichen?

Ein Satz besser formuliert wie der andere.

Jeder Satz Nobelpreis-geeignet.

So komplex aufgebaut, dass der Prediger (fast) alles ablesen musste.

Perfekt formuliert, theologisch unanfechtbar, klinisch rein - und nichtssagend.

 

Ein Predigtpreis würde, wenn das überhaupt geht, Sinn machen, wenn man die Wirkung des Predigers auf seine Zuhörer mit bewertet.

Hundert Mal von Miteinander, von Aufeinander-Zugehen, von Versöhnung predigen, aber keiner lässt sich bewegen.

Was sind solche Predigten wert?

 

Im Zeitalter von YouTube sollten eigentlich nur Predigten zugelassen werden, die als Video eingereicht werden.

 

Zudem wird in der Ausschreibung überhaupt nicht darauf abgehoben, wer eigentlich dem Prediger zuhört.

Ist es die dörflich-traditionalle Gemeinde mit überwiegendem Frauenanteil und Durchschnittsalter über 70?

Sind es Menschen, denen selbst die "Basics" des christlichen Glaubens fehlen?

Oder sind es gar demenzkranke Menschen im Pflegeheim?

 

Manchmal habe ich den Eindruck, in unseren landeskirchlichen Gottesdiensten sind hauptsächlich Theologen, oder solche, die es werden sollen.

Bezug zum Alltag der Zuhörer?

Fehlanzeige.

Was soll auch ein Pfarrer über Leistungsdruck, Existenzangst, Mobbing sagen?

Unkündbar ohne Leistungsnachweis mit überdurchschnittlichem Gehalt und sicherer Rente kennt er das, was andere beschäftigt nur in der Theorie.

Wer kennt einen Pfarrer, der Probleme mit seinen Kindern, mit seiner Ehe, mit seinen Finazen hat - und glaubhaft aufzeigt, wie man als Christ damit leben kann und darf?

 

Nicht umsonst weigern sich die allermeisten hauptamtlichen Prediger, ihr Predigen auf den Prüfstand zu stellen.

Ich habe noch keinen getroffen, der, wie Bill Hybels, den Mut gehabt hätte, eine Befragung nach dem Gottesdienst durchführen zu lassen.

 

Das Ergebnis würde noch schlimmer, wenn man die über 95% der landeskirchlichen Gemeindeglieder befragen würde, die garnicht erst kommen.

Warum können sie mit dem Gottesdienst nichts anfangen?

Am Anteil suchender Menschen im Gottesdienst kann man ablesen, ob ein Prediger Gottes Wort als Nahrung anbietet.

Von Placebos wird keiner satt.

 

Dieser Predigtpreis wird, so wie aufgezogen ist, an dieser Situation nichts ändern. Das ist ein Wettbewerb von Theologen für Theologen.

Schade um die Zeit und das Geld.

 

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